Wortfront Onkel Fritz
Zu Ostern gibt's die Eier
Und zu Weihnachten die Feier
Man muss mit den Verwantschaftsfritzen
Feierlich zusammensitzen
Unterm grünen Tannenbaum
Wird er wahr, der böse Traum
Da sitzt dann bei der Krippe
Die gesamte fade Sippe
Und dann wir lang und breit erzählt
Was Alle über's Jahr so quält
Onkel Paul, die grosse Firma
Im Friaul die Tante Irma
Die viel zu hohen Hypotheken
Der Untergang der Früh-Azteken
Neffe Max, der schlechte Shit
Nur Opa, der kommt da nicht mit
Und während sich die Gläser füllen
Fragt sich jeder laut im Stillen
Warum man überhaupt bekannt ist
Und wozu man bloß verwandt ist?
Tante Berta berichtet heiß
Was sie von den Nachbarn weiss
Cousinchen säuft nur Wein
Und Opa, der pennt ein
Der Einzige, der's gut hat ist Onkel Fritz
Der sitzt
In gelben Pyjamas
Vor dem Sonnenuntergang des Panoramas
Auf den Bahamas
Auf den Bahamas
Weil Onkel Fritz, der ursprünglich aus der Schweiz ist
Auf den die Schweizer Steuer leider leicht gereizt ist
Fritz war ja schon als Kind ein solches Seelchen –
Nun sucht man ihn mit einem Haftbefehlchen
Ja Fritz hat's gut – denn der ist weg
Nur ich sitz' hier zu Haus im Dreck
In der Verwandschafts-Jauche
Die ich schon immer dringend brauche
Ich frag' mich in Verzweiflung stumm
Wie komm' ich um das Fest bloß rum?
Ich sperr' mich ein im Schrank
Oder meld' mich einfach krank
Ja ich sage, dass ich Typhus hab'
Doch das nimmt mir keiner ab
Und was zählt schon so ne Grippe
Bei dem Weihnachtsfest der Sippe
Die werden mich doch täglich quäl'n
"Du darfst bei diesem Fest nicht fehl'n"
Und dann wird's – das ist sonnenklar –
So wie's jedes Jahr schon war
Weil, Onkel Paul hat immer Recht
Der Anna wird vom Kuchen schlecht
Und Berta weiss zwar, was "en vogue" ist
Aber nicht, was Dialog ist
Oma spricht von Gottes Güte
Neffe Max baut sich 'ne Tüte
Cousinchen ist vom Wein schon dicht –
Und Opa mag sie alle nicht
Der Einzige, der's gut hat ist Onkel Fritz
Der sitzt
In gelben Pyjamas
Vor dem Sonnenuntergang des Panoramas
Auf den Bahamas
Auf den Bahamas
Doch Onkel Fritz hat seiner Nichte, der Lieben
– Also MIR!!! – 'nen hübschen Weihnachtsbrief geschrieben
Er lädt mich nämlich herzlich zu sich ein
Was hab' ich Riesen-Glückspilz nur für Schwein
Ach, ich kann's noch gar nicht fassen
Was werden die zu Haus' erblassen
Dieses Fest wird wunderbar
Ich bin am Strand und gar nicht da
Dort schreibe ich dann zuckersüsse
Feierliche Weihnachtsgrüße
Dass ich Alle herzlich küsse
Und ganz fürchterlich vermisse
Ich sehe schon die Kerzenlichter
Hör' die grünen Neidgesichter
Mich bei Tannenbaum und Kuchen
Alle insgeheim verfluchen
Tante Anna, die wird zucken
Sich am Kuchen gleich verschlucken
Onkel Paul wird wieder maulen
Von Moral und vom Verfaulen
Und Tante Berta wird sich quälen
Die muss sich alles selbst erzählen
Oma weint nur: "Ach so schade
Warum denn nur jetzt gerade?"
Cousinchen rülpst nur leise
Und Opa findet's Scheisse
Nur Neffe Max wird wenig schmoll'n
Der muss ja seine Tüten roll'n
– Und ich?
Ich seh' mich schon am Strand mit Onkel Fritz
Wie ich sitz'
In gelben Pyjamas
Vor dem Sonnenuntergang des Panoramas
Auf den Bahamas
Auf den Bahamas
Dort sitz' ich dann mit ihm in seiner Villa
Und trink den ganzen Tag nichts and'res als Tequila
Und blicke auf das blaue Meer hinaus
Und denke an die Trotteln von zu Haus
Ach ich freu' mich so auf diesen Strand
Und nehm' den Brief noch mal zur Hand
Und les' ihn noch mal Wort für Wort –
Doch dann bleibt mir der Atem fort
So schnell kann jeder Traum verblassen
Ich beginne Fritz zu hassen
Denn ich les' und werde matt:
Dass er alle die Verwandten
Opa, Oma und die Tanten
Auch noch eingeladen hat!!!